Im dritten Teil unseres Portraitschwerpunkts ging es um das schwierige Thema Posing. Man kann ganze Regale mit Büchern über Posing füllen - von den Grundlagen über Models bis hin zu Gruppen- und Pärchenposing gibt es alles. Dies alleine zeigt schon wie komplex dieses Thema ist.
Aufgrund der schlechten Wettervorhersage haben wir den Termin kurzfristig auf Nachmittag verschoben. Pünktlich um 16:30 wurden wir dann aber trotzdem von einem heftigen Regenschauer in Graz erwischt. Wir ließen uns aber nicht abschrecken und warteten brav den Regen ab. Mit etwas Verspätung konnten wir dann aber bei idealen Voraussetzungen starten.
Da sich unser Programm immer nach den Interessen der Teilnehmer richtet, hatten wir für den Workshop vorher auch keinen Ablauf festgelegt. Das Thema Posing ist aber so umfangreich, dass sich dies als Nachteil herausstellte. Wo sollen wir anfangen? Was ist wichtig? Wir entschlossen uns daher, einfach mit dem Schwierigsten zu beginnen - eine Person freistehend, Ganzkörper.
Zuvor gab es aber noch eine kurze Einführung wie man am einfachsten die Kommandos erteilt. Mit der Hand die Kopfstellung und mit dem Finger die Augenstellung vorzuzeigen ist wesentlich schneller und "treffsicherer" als rein mit akustischen Kommandos zu arbeiten. Außerdem erfuhren wir von den Profis viel über den Umgang mit dem Model.
Dann ging es endlich los. Gerald stellte sind hin und erwartete exakte Anweisungen vom Fotografen. Das kennt sicher jeder, der schon einmal seine Familie oder Freunde fotografieren sollte. Wie sollen die Füße stehen? Wie sollen die Beine stehen? Was soll mit den Händen gemacht werden? Wie sollen die Finger positioniert werden? Wie soll der Oberkörper positioniert werden? Wie soll der Kopf gehalten werden? Wo hin soll der Blick gehen? Lachen oder ernst Schauen? Wie man sieht, gibt es eine ganz Menge zu beachten bzw. anzuweisen, vor allem bei Personen, die nicht so häufig vor der Kamera stehen. Dann soll der Fotograf noch checken ob die Kleidung richtig sitzt, die Haare passen, der Hintergrund ok ist, das Licht passt, etc. Da ist man schnell mal überfordert. Hier hilft einerseits sich vorher Gedanken zu machen, welche Fotos man machen will und andererseits, vielleicht das wichtigste - üben. Nur durch Übung bekommt man die Sicherheit, Erfahrung und Praxis auf all die vielen kleinen Dinge zu achten, die ein gutes Portait ausmachen.
Michael hat drei Fotos gemacht, bei denen man gut sieht das kleine Details große Unterschiede in der Bildwirkung haben. Zum Beispiel die verschränkten Arme wirken sehr reserviert (Foto 1), durch heben des Kopfes wird der Eindruck noch verstärkt und man wirkt unnahbar und stark (Foto 2). Im Gegensatz zu einer offenen Handhaltung, wo man umgänglich und freundlich wirkt (Foto 3).
Jeder Teilnehmer musste, nein durfte alleine das vorgegebene Ganzkörperportrait mit dem "Model" umsetzen. Vor allem für die Fotografen mit wenig Portraiterfahrung war das eine richtige Herausforderung.
Die zweite Aufgabe bestand darin, ein weibliches Model sitzend zu fotografieren. Auch hier mussten wieder unzählige Punkte beachtet werden. Gemeinsam haben wir uns Schritt für Schritt an ein stimmiges Portrait "herangetastet". Wie bei allen Posen, muss auf das Model eingegangen werden. Einerseits funktioniert nicht jede Pose mit jeder Person und andererseits soll sich das Model wohl fühlen, um ein authentisches Portrait zu erhalten. Mit kleinen Änderungen an der Position, der Hand- oder Beinhaltung werden die Ergebnisse definitiv besser. Ein gutes Beispiel sind die Finger. Geschlossen, leicht angewinkelt und nicht frontal in die Kamera wirkt auf den Fotos einfach am besten. Oft haben die Models aber die Finger leicht gespreizt oder halten die Hand direkt in die Linse, was am Foto dann nicht gut wirkt.
Bei Maria sieht man auch wie stark allein eine leichte Änderung der Kopfhaltung eine andere Wirkung ergeben (Foto 4 und 5), wobei bei letzten Bild durch die Drehung des Kopfes entgegen des Oberkörpers eine schöne Form entsteht (Foto 6).
Nachdem am Schluss die Sonne immer wieder durch die Regenwolken blickte, haben wir das schöne Licht genutzt um einige stimmungsvolle Gegenlichtportraits mit schönem Haarlicht zu machen.
Nach knapp 3 Stunden ließen wir den Workshop gemütlich bei einem Getränk und einer kleinen Jause ausklingen. Obwohl der Übungsnachmittag diesmal nicht ganz so strukturiert war - zukünftig werden wir vor allem bei so umfangreichen Themen ein kleines Programm zusammenstellen - hat jeder Teilnehmer wieder vieles mitnehmen können. Einmal mehr hat sich gezeigt, man kann noch so viel theoretisch wissen, aber nur mit Übung und Praxis erhält man die Routine und Sicherheit, um gelungene Portraits machen zu können.